Vorbestimmtheit der Entscheidungen
Glaubst Du an die Vorhersehbarkeit Deiner Zukunft, müsstest Du sowohl allgemein an die Unausweichlichkeit Deines Schicksals glauben als auch speziell an die Vorbestimmtheit Deiner Entscheidungen.
Würdest Du nämlich eine Freiheit bei der Wahl Deiner Entscheidungsmöglichkeiten besitzen, dann wäre Deine Zukunft nicht vorhersehbar.
Denn jede freie und nicht vorbestimmte Entscheidung würde die
feste Abfolge von Ereignissen in Deiner Zukunft verändern, das wiederum die Vorhersehbarkeit Deiner Zukunft verhindern würde.
Nützlichkeit einer Zukunftsvorhersage
Die Nützlichkeit einer Zukunftsvorhersage liegt darin, dass Du bereits in der Gegenwart erfährst, welche Entscheidungen Du in der Zukunft treffen wirst.
Schwere Entscheidungen würden Dir durch Deinen Glauben an die Vorhersehbarkeit Deiner Zukunft und an die Vorbestimmtheit Deiner Entscheidungen abgenommen werden.
Denn ob Du nun über diese Entscheidungen nachdenkst oder nicht, auch der Ausgang schwerer Entscheidungen ist in Deiner Zukunft bereits festgelegt.
Allerdings, ob Du nun in der Gegenwart Deine Zukunft kennen würdest oder nicht, in beiden Fällen müsstest Du auf das Eintreffen Deiner Zukunft warten und bis dahin auch etwaiges Leid ertragen.
Du könntest nichts zur Veränderung Deiner Zukunft tun, da Deine Entscheidungen bereits entschieden worden sind.
Gleichzeitiger Glaube an die Vorhersehbarkeit der Zukunft und an die Entscheidungsfreiheit des Menschen
Du könntest jedoch auch gleichzeitig an die Vorhersehbarkeit der Zukunft glauben und an die Entscheidungsfreiheit des Menschen, damit Du Deine Zukunft verändern kannst.
Allerdings trägt der gleichzeitige Glaube an die Vorhersehbarkeit der Zukunft und die Entscheidungsfreiheit des Menschen einen Widerspruch in sich.
Denn auf welche Weise könnte sich eine notwendige feste Abfolge zukünftiger Ereignisse zur Vorhersehbarkeit der Zukunft bilden, wenn der Ausgang Deiner Entscheidungen nicht vorbestimmt ist?
Mit jeder selbst getroffenen und nicht vorbestimmten Entscheidung würde sich in der Zukunft die Abfolge von Ereignissen verändern und Zukunft wäre damit nicht mehr vorhersehbar.
In der ersten Minute nach einer Zukunftsdeutung könnte diese sofort wieder hinfällig sein, weil Du eine Entscheidung treffen könntest, die Deine Zukunft nachhaltig verändern würde.
Glaube vieler Zukunftsdeuter an Entscheidungsfreiheit des Menschen
Da viele Zukunftsdeuter an die Entscheidungsfreiheit des Menschen glauben, weisen sie Dich hin, dass Deine von ihnen vorhergesagte Zukunft nicht unausweichlich eintreffen müsse.
Du könntest jederzeit durch andere Entscheidungen die vorhergesagte Zukunft verändern.
Aber kann diese Aussage von Zukunftsdeutern tatsächlich stimmen?
Entsprechend des Glaubens von Zukunftsdeutern an die menschliche Entscheidungsfreiheit würdest Du bis zum Moment der Zukunftsdeutung über Entscheidungsfreiheit verfügen.
Während der Zukunftsdeutung, in der Du erfährst, welche Zukunft sich in Deinem Leben abzeichnet, wären Deine Entscheidungen jedoch vorbestimmt.
Denn ohne Vorbestimmtheit Deiner Entscheidungen könnte Dir ein Zukunftsdeuter keine Zukunft vorhersagen.
Hingegen nach der Zukunftsdeutung würdest Du wieder über Deine Entscheidungsfreiheit verfügen.
Du könntest die vorhergesagte Zukunft, und damit die Dir vorbestimmten Entscheidungen, zugunsten einer besseren Zukunft verändern.
Widerspruch zwischen Vorbestimmtheit von Entscheidungen und Entscheidungsfreiheit des Menschen
Allerdings sind Entscheidungen entweder vorbestimmt und unterliegen somit nicht der menschlichen Entscheidungsfreiheit oder sie sind frei und infolgedessen nicht vorbestimmt.
Eine Verwandlung einer vorbestimmten Entscheidung in eine freie Entscheidung ist nicht möglich.
Würden Zukunftsdeuter nun glauben, dass manche Entscheidungen vorbestimmt und manche Entscheidungen frei sind, müsste irgendwer über die Vorbestimmtheit und Freiheit der einzelnen Entscheidungen entscheiden.
Dadurch wäre letztendlich auch wieder vorbestimmt, wann Du eine freie Entscheidungen treffen kannst und wann nicht.
So sind in einer Zukunftsdeutung enthaltene Entscheidungen vorbestimmt und nicht frei.
Aufgrund ihrer Vorbestimmtheit können diese nicht in freie Entscheidungen verändert werden.
Ein gleichzeitiger Glaube an die Vorhersehbarkeit von Zukunft und an die Entscheidungsfreiheit eines Menschen ist unvereinbar.
Beispiel zur Vorbestimmtheit von Entscheidungen
Du lässt Dir von einem Zukunftsdeuter Deine Zukunft in einer Berufsangelegenheit deuten.
Dabei sagt Dir der Zukunftsdeuter voraus, dass Du in drei Monaten Deinen bisherigen Job kündigen wirst.
Nach einem halben Jahr haben sich jedoch noch keine Veränderungen in Deiner bisherigen Jobsituation ergeben.
Der Zukunftsdeuter muss für seine Zukunftsvorhersage glauben, dass Deine Entscheidung der Jobkündigung in Deiner Zukunft fest vorbestimmt ist.
Ansonsten könnte er Dir Deine Zukunft nicht vorhersagen bzw. Dir nicht sagen, dass Du Deinen Job in drei Monaten kündigen wirst.
Auch Du musst von der Vorbestimmtheit Deiner zukünftigen Entscheidungen ausgehen.
Ansonsten würdest Du nicht an die Vorhersehbarkeit von Zukunft bzw. der Vorhersehbarkeit der Jobkündigung glauben und Dir auch keine Zukunft deuten lassen.
Ist jedoch eine Entscheidung vorbestimmt, kann sie sich nicht in eine freie Entscheidung verwandeln.
Denn entweder ist eine Entscheidung vorbestimmt oder nicht vorbestimmt.
Beide Möglichkeiten sind für die ein und dieselbe Entscheidung unvereinbar.
Sagt Dir also der Zukunftsdeuter voraus, dass Du Deinen Job in drei Monaten kündigen wirst, ist diese Entscheidung vorbestimmt.
Diese Entscheidung kann von Dir nicht geändert werden.
Entpuppt sich jedoch eine vermeintlich vorbestimmte Entscheidung als freie Entscheidung, weil Du Deinen Job, nun doch nicht kündigst, dann war diese Entscheidung auch nie vorbestimmt, sondern lag immer in Deinem eigenen Ermessen.
Aufgrund der fehlenden Vorbestimmtheit der Entscheidung, den Job zu kündigen, konnte der Zukunftsdeuter den Ausgang Deiner Entscheidung auch nicht nicht in der Zukunft erkennen.
Letztendlich konnte der Zukunftsdeuter nicht die Zukunft vorhersehen, sondern hat geraten und die Kündigung als Möglichkeit angenommen.
Hättest Du hingegen Deinen Job nach drei Monaten gekündigt, dann wäre Deine Entscheidung tatsächlich vorbestimmt.
Allerdings verfügst Du dann über keine Entscheidungsfreiheit, an die der Zukunftsdeuter und Du glaubst.
Des Weiteren stellt sich dann noch eine andere Frage:
Könnten Zukunftsdeuter tatsächlich in die Zukunft blicken, müssten sie dann nicht auch vorhersehen können, welche zukünftigen Entscheidungen ein Klient treffen wird?
Auch hier existiert das Problem, dass freie Entscheidungen nicht vorhersehbar sind, denn in ihnen sind mehrere Entscheidungsmöglichkeiten verborgen.
So besteht auch hier der Widerspruch zwischen der Vorhersehbarkeit von Zukunft und der Entscheidungsfreiheit des Menschen.
An beides zu glauben, bedeutet, dass einer der beiden Glauben ein Fehlglaube sein muss, da beide Glauben unvereinbar sind.
Manche Zukunftsdeuter meinen, dass sie nicht in die Zukunft blicken könnten, sondern die ausgelegten Karten die Zukunft aufzeigen würden, die sie dann zu deuten versuchen.
Ob nun ein Kartenleger glaubt, dass entweder er selbst in die Zukunft blicken kann oder dass die Zukunft eines Menschen durch die ausgelegten Karten offengelegt wird, in beiden Fällen bleibt die unüberwindbare Widersprüchlichkeit zwischen der Vorhersehbarkeit der Zukunft und der Entscheidungsfreiheit des Menschen bestehen.
Denn die Karten können auch nur dann eine Zukunft aufzeigen, wenn die Abfolge von Ereignissen und Entscheidungen in der Zukunft vorbestimmt und festgelegt ist.
Fazit zur Vorbestimmtheit von Entscheidungen
Ein gleichzeitiger Glaube an die Vorhersehbarkeit der Zukunft und an die Entscheidungsfreiheit des Menschen ist nicht vereinbar.
Das bedeutet, glaubst Du an die Vorhersehbarkeit der Zukunft, glaubst Du auch gleichzeitig an die Vorbestimmtheit Deiner Entscheidungen und an die Unausweichlichkeit Deines Schicksals.
Glaubst Du hingegen an die Entscheidungsfreiheit des Menschen, ist Dein Glaube an die Vorhersehbarkeit von Zukunft ein Glaube unvereinbarer Widersprüchlichkeiten.
Einer der beiden Glaubensauffassungen ist somit ein Fehlglaube und Du entscheidest, welcher.
